Kreativität kann bedeuten, Sentimentales an meine Bedürfnisse anzupassen
Gut, das war kein Projekt für einen Tag, sondern zog sich über eine ganze Weile. Ein von Onkel und Tante selbstgebauter Schuhschrank, solide und praktisch, war nach dem Tod der Beiden heimatlos. Mein Flur im Erdgeschoß könnte sowas vertragen, die Größe wäre genau richtig. Komplett runterschleifen aufs nackte Holz kam nicht in Frage, das ist erstens erfahrungsgemäß sehr mühsam und zweitens war mein Onkel für seine Sparsamkeit im Hinblick auf Material berüchtigt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist bei seinen Arbeiten irgendwo ein Stück Spanplatte verbaut. Über all die Jahre hab ich wohl doch ein bisschen dazugelernt, was das ‚machs dir einfach‘ angeht.
Der Flur ist hell gehalten, so war recht schnell klar, dass der Korpus elfenbeinfarbig werden sollte. Buntlack* hält und deckt gut, war zudem noch in ausreichender Menge da. Leichtes Anschleifen genügt. Zuerst mit dem Pinsel gestrichen und dann mit der kleinen Lackierwalze* drübergerollt, so wird die Fläche ziemlich gleichmäßig. Kleine Unregelmäßigkeiten verleihen dem Ganzen erst Charme und Charakter. Trocknen lassen, saubermachen, das ging zum Glück alles im überdachten Außenbereich.
Das dunkelbraune Kunstleder auf dem Sitz wollte mir dazu dann nicht mehr gefallen – abmachen? Wer weiß was drunter zum Vorschein kommt? Ich hab die zweiteinfachste Variante gewählt und ein Stück Stoff etwas größer als die Sitzfläche zugeschnitten. Am Rand einen Tunnel für einen Gummizug genäht und das Ganze dann einfach drübergezogen. Falls es auf Dauer doch zu stark verrutscht, kann ich immer noch Klettband zum Fixieren aufs Holz auftackern und an den Stoff rannähen, aber bisher funktioniert es fein.
Die ‚Rückenlehne‘ ist eine ganz simple Hülle aus dem gleichen Stoff, in der sich Sitzpolster der Gartenstühle verstecken – zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, so sind die bei Nichtgebrauch auch gut untergebracht. Ich mag dieses aufgemöbelte Stück inzwischen sehr, weil es so praktisch ist und mir im neuen Outfit gefällt.
So ein bisschen liebevolle Erinnerung an Onkel und Tante steckt natürlich auch drin… ich bin mir sehr sicher, dass die Zwei sehr damit einverstanden wären, wie ich mir ihr Werk ‚angeeignet‘ habe, es auf meine Bedürfnisse angepasst und in mein Umfeld integriert habe statt es als ‚Museumsstück‘ zu behandeln.