Rauhnachtgedanken

Verstehen kann man das Leben rückwärts; leben muß man es aber vorwärts.

(Sören Kierkegaard)

Gerade die Zeit zwischen den Jahren schreit geradezu danach, Bilanz zu ziehen und neue Ziele zu definieren.

Der Blick nach hinten – solange er nicht zum Erstarren und zur Rückwärtsgewandheit verführt – kann ein wertvoller Helfer sein.

Wie ist es dazu gekommen, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist?

Was waren Fehler? Was waren entscheidende Wendepunkte? Was hat mich weitergebracht und was zum Stillstand?

Im Nachhinein erklärt sich Vieles. Rätselhaftes wird plötzlich ganz klar und offensichtlich. Manche Veränderungen und Entwicklungen lassen sich weit zurückverfolgen, ihre Anfänge liegen Jahre und Jahrzehnte zurück.

Gibt es Muster, die sich durch mein Leben ziehen?

Ein Loch in der Straße, in das ich immer und immer wieder hineinfalle? Oder vielleicht inzwischen kenne und eine andere Straße nehmen kann?

Der Blick nach hinten gibt Raum für Trauer und Melancholie – Gefühle, die nicht unbedingt angesagt, beliebt sind. Und doch gelebt werden wollen, ja müssen, wenn sie sich nicht aufstauen und ansammeln sollen, und wie ein Kloß im Magen liegen bleiben und anfangen uns zu zerfressen. Oder sich wie eine dicke Decke über unsere Seele zu legen, die uns erstickt anstatt uns zu wärmen.

Der Blick nach hinten gibt aber auch Raum für Zufriedenheit und Stolz. Er zeigt, dass eine Entscheidung, die vielleicht sehr schwer zu fällen war, die Richtige gewesen ist. Er kann zeigen, dass sich Anstrengungen gelohnt haben. Und er kann zeigen, was gut für mich war, wovon ich in Zukunft mehr möchte.

Wie werde ich meine Ziele für die Zukunft ausrichten, was ist mir für die nächste Zeit wichtig?

Und manchmal befördert so ein Blick nach hinten auch etwas zu Tage, das zum Schmunzeln verführt. Beim Umräumen fiel mir dieser Tage ein alter Zeichenblock in die Hände. Die ältesten Zeichnungen darin sind über zwanzig Jahre alt. Und was finde ich bei denen?

bleistiftzeichnung schneckenhaus
Das Thema verfolgt mich schon längere Zeit

(Bleistiftzeichnung ca. 1990)

schnecke aus speckstein,specksteinskulptur
Speckstein 2010

(Klick aufs Bild erzählt die Geschichte dazu)

Doch zurück zur Zukunft, ich habe in diesen Rauhnächten einen ausgiebigeren Blick zurück gewagt, Bilanz gezogen, Trauer und Melancholie zugelassen und mich an meinen Erfolgen und Fortschritten gefreut.

Und bin jetzt dabei meine Ziele und Themen für 2011 zu finden – habt Ihr Eure schon?

Es nimmt die Angst vor dem Malen

Du kannst alles übermalen
Du kannst alles übermalen

Eigentlich ist das nur ein positiver, aber vielleicht nicht zu unterschätzender, Nebeneffekt.

Gerade Erwachsene, die schon sehr lange nicht mehr gemalt haben, irgendwann in der Kindheit damit aufhörten, verlieren beim begleiteten Malen die Angst davor.

Wie oft höre ich den Satz „Ich kann nicht malen, ich hab überhaupt kein Talent dafür!“. Dabei ist es mit dem Malen genau so, wie mit allen anderen Fertigkeiten – die Übung macht den Meister. Sag – schreibst Du heute noch so, wie in der ersten Klasse? Fährst Du noch so wacklig und unsicher Fahrrad wie als Fünf-, Sechs- oder Siebenjährige?

Na also….

Aber beim Malen, da soll das große Talent vom Himmel fallen und Meisterwerke von der Qualität eines Da Vinci oder Dürer aufs Papier zaubern?;)

Im Atelier wird bei Erwachsenen sehr schnell erkennbar, wann sie als Kinder aufgehört haben zu malen. An diesem Punkt hat die Malentwicklung aufgehört.

Und jetzt die gute Nachricht – sie geht weiter, oft sogar sehr schnell.

Auch im Erwachsenenalter ist es möglich, zu einer räumlichen, realistischen Darstellung zu kommen, ohne sich mit theoretischen Überlegungen zu Perspektive zu quälen. In der wertfreien Atmosphäre des Ateliers entwickelt sich das weiter, was vor Jahrzehnten zum Stillstand gekommen war.

Durch die Möglichkeit alles wieder übermalen zu können, wird die Angst, durch einen Fehler ein ganzes Bild zu verderben, abgebaut. Denn in der Regel ist das der eigentliche Knackpunkt – die Angst vor Fehlern (nicht nur beim Malen). Hier ist es möglich, auszuprobieren und dabei auch Fehler zu machen – es gibt nichts, was sich nicht wieder korrigieren lassen würde.

Oder – mit den Worten eines meiner Malkinder ausgedrückt:

„Die Weiß ist mein Freund, die ist der Allesübermaler!“