Frau Traurigkeit und Herr Sehnsucht

Frau Traurigkeit und Herr Sehnsucht, gerade im November besuchen uns diese Gefühle häufig. Und was wäre wenn, wir sie als gute Freunde empfangen und bewirten.

Kerzenlicht, leise Musik, eine schöne Tasse Tee und dann ein gemütliches Schwätzchen halten mit den beiden.

Wir lassen die Alltagsgeschäftigkeit für eine Weile vor der Tür stehen und widmen ein wenig unserer Zeit unserem Besuchern. Lauschen, was sie uns zu erzählen haben. Ach Frau Traurigkeit denkt noch immer an den lieben Großvater zurück und muss jetzt weinen, weil er ihr so sehr fehlt. Herr Sehnsucht erzählt von seinem Liebeskummer und davon, wie weh es getan hat und was noch immer schmerzt. Frau Traurigkeit muss an die alte Tante denken, wie schlimm war das doch, als sie die letzten Jahre so abgebaut hat. Und Herr Sehnsucht erinnert an die geliebte Katze, die so plötzlich verschwunden war.

Sie erzählen und erzählen, die Beiden. So viel fällt ihnen und uns dazu wieder ein, Schmerz und Trauer. Und doch tut es gut, dem Erlebten und Vermissten Raum zu geben. Die Tränen laufen zu lassen und das Herz zu befreien.
Und dann – nach einiger Zeit – ist alles erzählt. Es fällt ihnen nichts mehr ein. Frau Traurigkeit und Herr Sehnsucht bedanken sich freundlich für den Tee und die gemeinsame Zeit, sagen „Auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal“  und verlassen ganz leise das Haus.

Vor der Tür treffen sie die Alltagsgeschäftigkeit und bitten diese, doch noch ein wenig zu warten….

 

Bildquelle: WikiCommons

Wie gehen wir überhaupt mit unseren Gefühlen um?

november
Welche Gefühle bringt der November mit sich?

Seitdem ich die Idee zu dieser Novemberblues-Serie hatte, geht mir der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf.

Wie ist das überhaupt mit unseren Gefühlen? Wie gehen wir damit um? Und – um eine Basis für meine weiteren Ausführungen zu legen – welche Gefühle gibt es denn überhaupt?

Die Suche nach einer einfachen Aufzählung möglicher Gefühle zeigt, dass es schon gar nicht so einfach und selbstverständlich ist, was denn überhaupt Gefühle sind. Je nach psychologisch/philosophischem Hintergrund werden zwischen zwei und elf Grundgefühle unterschieden.

Welche Gefühle gibt es?

Ich bin so frei und sammle aus verschiedenen Quellen, so dass ich die folgenden Gefühle als Ausgangspunkt nehme:
Begierde, Bewunderung, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Liebe, Hass, Sehnsucht, Eifersucht, Mitleid, Fröhlichkeit, Wut, Ekel, Verlangen, Verachtung, Traurigkeit, Überraschung, Interesse-Neugier, Ärger, Schmerz, Scham und Schuld.

Auch diese Auflistung ist ganz sicher nicht vollständig und darf gern per Kommentar ergänzt werden.

Betrachte ich mir nun diese Auflistung, so fällt mir auf, dass nur wenige dieser Gefühle  positiv besetzt sind.

Mut, Freude, Liebe und Fröhlichkeit stehen allgemein in einem positiven Licht, sie werden allgemein gern genommen und akzeptiert.

Doch was ist mit den anderen Gefühlen? Wer gibt schon gern zu, dass er eifersüchtig ist, sich ärgert, sich schämt, zornig oder traurig ist? Und doch empfindet jeder von uns immer wieder auch diese Gefühle.

Ist es dann nicht der erste Impuls, diese Empfindungen zu unterdrücken und beiseite zu schieben? Und nur wer gänzlich unbeherrscht ist, gibt den Gefühlen Ausdruck, oder?

Ich will hier nun beileibe nicht dazu auffordern, alle Gefühle unkontrolliert auszuleben.

Gefühle achtsam wahrnehmen

Aber – im eigenen Interesse – soll die Achtsamkeit auf die Gefühle geweckt werden, sie sollen wahrgenommen, erkannt und beachtet werden.

Das, was da in meinem Bauch grummelt ist Ärger – was ärgert mich denn da so? Kann ich diesen Ärger annehmen, ist er gerechtfertigt? Vielleicht als der Ausdruck, dass hier gegen meine Werte verstoßen wird? Eine interessante Darstellung dazu findet sich auf dem Psychosophieblog. Wenn ich den Ärger identifizieren und beachten kann, erspart mir das unter Umständen ein Magengeschwür oder einen Herzinfarkt.

Dieser Kloß in meinem Hals ist Trauer, was macht mich denn da so traurig? Ist es wirklich nur der Novembernebel, oder war da vielleicht doch mehr?

Vielleicht gelingt es uns dann sogar diese ’negativen‘ Gefühle als den notwendigen Gegenpol zu den ‚Positiven‘ zu betrachten. Glück und Freude erkenne ich erst dann intensiv, wenn ich auch Trauer und Ärger kenne.

Novemberbluesige Wahrnehmungsübung

kastanienbaum
Noch ziemlich grün und belaubt

Wie schon an den letzten Montagen, gibt es auch heute wieder eine kleine Wahrnehmungsübung. Diesmal ist es eine Phantasiereise: Ein Baum im Wechsel der Jahreszeiten.

Leg Dich bequem hin und schließe Deine Augen.

Stell Dir vor, Du bist ein Baum. Spüre Deine Wurzeln, wie sie sich immer feiner verästeln. Dein Stamm – ist er stark und fest oder eher biegsam und geschmeidig? Deine Äste verzweigen sich – zeigen sie nach oben oder sind sie elastisch-hängend wie bei einer Birke oder Weide?

Es ist Frühling, erste Blattknospen wachsen. Wie fühlt sich das an? Die Knospen brechen auf und die Blätter entfalten sich. Dein Laub wird immer dichter und grüner.

Es wird Sommer – dein dichtes Laub spendet Schatten und wird von der heißen Sonne beschienen. Achte auf Deine Wahrnehmung, verändert sich etwas? Wie fühlt es sich an?

Der Sommer neigt sich dem Ende zu, Dein Laub fängt schon ganz langsam an, sich zu verfärben. Es wird heller, um dann im Herbst in voller Farbenpracht zu erstrahlen. Wie fühlt sich das jetzt an?

Die Blätter fallen ab, eins nach dem Anderen, ganz langsam oder auch sehr schnell. Es wird von Tag zu Tag kälter, die Sonne verliert ihre Kraft. Deine Blätter liegen auf dem Boden. Dort werden sie von der Erde aufgenommen, geben der Erde neue Kraft. Achte auch jetzt darauf, wie es sich anfühlt.

Es wird kälter, ganz kahl stehst Du da, als der erste Schnee fällt und Deine Äste und Zweige bedeckt. Der Winter ist da.

Wie geht es Dir?

Langsam werden die Tage wieder länger, ganz langsam erwachst Du und fängst an neue Blattknospen zu bilden. Es wird Frühling…

Achte auf Deine Empfindungen, auf Deine Gefühle in den einzelnen Jahreszeiten. Lass die Stimmungen noch ein bisschen nachwirken…..und dann öffne ganz langsam Deine Augen und kehre zurück ins Hier und Jetzt.

Novemberblues oder Winterdepression?

Müde, schlapp, lustlos und draußen wird es auch nicht richtig hell. Kein Wunder, dass wir da am liebsten Winterschlaf halten würden. Das Wetter schlägt auf die Stimmung und macht niedergeschlagen, resigniert, übellaunig, sensibel, teilweise sogar gereizt bis aggressiv.

So ganz kalt lässt den November wohl kaum jemanden. Schon vor über 2000 Jahren berichteten griechische Ärzte von diesem Phänomen. Das Ganze kann sich bis hin zur Winterdepression steigern. Aber nicht jede Verstimmtheit ist gleich eine Depression. Oft lässt sich der Novemberblues mit Achtsamkeit und relativ einfachen Mitteln in Grenzen halten. Wenn die Niedergeschlagenheit mehr als 2 Wochen anhält oder sich starke Symptome zeigen, so ist auf jeden Fall ein Arzt zu konsultieren. Die Diagnose muss einem Fachmann überlassen bleiben. Ein Selbsttest kann Ansatzpunkte dafür geben, ob ernsthafter Grund zur Besorgnis besteht.

Ausführliche Informationen zur Winterdepression gibt es auch beim Netdoktor oder  auf dieser Seite der Universität Ulm.

Hauptursache des Winterblues

Als Ursache für die herbstliche Stimmungsveränderung gilt der Lichtmangel in der dunklen Jahreszeit. Dem ist eigentlich relativ leicht abzuhelfen, Spaziergänge im Freien sind das Mittel der Wahl.

Zu einem gewissen Teil sollten wir die Stimmungsveränderungen vielleicht auch akzeptieren und uns ein paar besinnlich ruhigere Tage mit Raum für Melancholie und Trauer zugestehen.

Nicht ganz grundlos gibt es in den christlichen Kulturen die Totengedenktage, die auf die noch viel älteren keltischen Feiertage (Samhain) aufgesetzt wurden.

Betrachtet man den bäuerlichen Jahresablauf, so erkennen wir, dass der November die erste Gelegenheit zum Innehalten und Besinnen ist. Nach Monaten voller Arbeit und Geschäftigkeit kehrt nun Ruhe und Besinnlichkeit ein.

Betrachtet man dagegen unsere industrialisierte Gesellschaft, so verteilt sich die Arbeit rund ums Jahr. Echte Gelegenheiten zum Innehalten sind nicht vorgesehen. Der Urlaub wird zum ‚Event‘. Die Sonn- und Feiertage sind mit Aktivitäten angefüllt.

Und irgendwann wird es der Seele zu viel, sie verlangt nach einer Ruhepause.

Nutzen wir doch den November, ihr diese Ruhe zu gönnen. Schenken wir unserer Seele Aufmerksamkeit.

Gönnen wir uns ein paar Tage Melancholie, Nachdenklichkeit und Weltschmerz.

Nur ein paar Tage.

Nach unserem Spaziergang – damit wir nicht in die Depression abrutschen.

Novemberblues – was tun?

Jetzt ist er definitiv wieder im Anrücken, der graue, trübe November, der zum Sinnieren verführt. Das Tageslicht wird weniger, draußen ist es ungemütlich nass-kalt und bei vielen Menschen machen sich düstere oder auch depressive Gedanken breit.

In der nächsten Woche möchte ich mich diesem Thema schwerpunktmässig widmen, ein paar Informationen dazu bereitstellen und vor allem Vorschläge machen, wie der Novemberblues kreativ angegangen werden kann.

Anschliessend wird es eine ganze Reihe von Artikeln geben, die sich damit beschäftigen, wie ich mit Kindern zuhause kreativ tätig werden kann. Welche Möglichkeiten gibt es und welche Materialien sind empfehlenswert? Dabei wird aber immer im Mittelpunkt stehen, die Kreativität zu fördern und anzuregen – klassische Bastelanleitungen finden hier keinen Platz. Dafür aber ein paar Ideen, wie auch mit kleinen Kindern durchaus ansprechende Geschenke selbst gestaltet werden können.

Reif für die Farbe – 10 Punkte, wann Erwachsene malen sollten

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Wann sollten Erwachsene malen?

Auch hier gilt im Prinzip das Gleiche wie bei den Kindern, schaden wird es generell niemandem.

Typische Anzeichen dafür, dass das Malen im Atelier ganz besonders hilfreich sein könnte, sind aber:

Trauererlebnisse

Unverarbeitete Trauer belastet, das Malen kann helfen, den Verlust anzunehmen.

Stress

Wenn Du nicht mehr weißt, wo Dir der Kopf steht, hilft das Malen, Dich auf Dich und Deine Bedürfnisse zu besinnen und zur Ruhe zu kommen.

Burnoutgefahr

Beim Malen lernst Du, Grenzen zu definieren und ihre Einhaltung zu beachten.

Familienprobleme

Wo stehe ich in meiner Familie, was ist für mich wichtig?

Paarprobleme

Wie stehe ich zu Dir?

Frauenspezifische Probleme

Kinderwunsch, Schwangerschaft, die Kinder werden flügge, Wechseljahre

Schwierige Lebenssituationen

Als pflegende Angehörige oder Eltern besonderer Kinder, Midlifecrisis, Diagnose einer schweren Erkrankung, Leben mit einer chronischen Krankheit

Zeiten der Veränderung

Trennung, Jobverlust – Krisen können Chancen sein.

Mangelndes Selbstvertrauen

Lern Dich neu kennen und entdecke Deine Fähigkeiten.

Persönlichkeitentwicklung

Auf dem Papier können neue Verhaltensmuster ausprobiert und gefestigt werden.

Wenn Kinder trauern

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Auch Kinder müssen trauern dürfen. Ob nun ein geliebter Mensch oder „nur“ ein geliebtes Tier gestorben ist, Kinder empfinden dabei ein sehr starkes Gefühl der Trauer. Egal wie sie dieses Gefühl äußern, ihre Trauer braucht Raum. Ob sie dabei nun in Tränen ausbrechen, schreien, verzweifeln oder in sich reinfressen, genau wie Erwachsene müssen sie die Trauer ausleben dürfen.

Gerade bei Kindern ist die Trauer noch viel extremer als bei Erwachsenen und sollte sich auch so äußern dürfen. Ein gut gemeintes Ablenken schadet hier, auch wenn vielleicht der Eindruck entsteht, nun sei alles wieder gut. Oft werden Kinder zum ersten Mal mit diesem Gefühl konfrontiert. Die Welt gerät für sie aus den Angeln, nichts ist mehr so wie es war. Werden solche Gefühle unterdrückt, so nagen sie unter der Oberfläche weiter, können sich im Extremfall auch in körperlichen Symptomen äußern. Bettnässen bei bereits trockenen Kindern kann zum Beispiel ein solches Symptom sein.

Trauer braucht Ausdrucksmöglichkeiten

Manche Kinder zeigen ihre Trauer nach außen nicht oder nur wenig. Gerade wenn Eltern selbst auch trauern, wollen die Kinder ihre Eltern nicht zusätzlich belasten und versuchen, alles mit sich selbst aus zu machen. Diese Kinder sollten auf jeden Fall eine Möglichkeit erhalten um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen, bei Vertrauenspersonen außerhalb des Elternhauses.

Ein Beispiel aus der Fachliteratur fällt mir dazu ein: Im „Ereignis Kunsttherapie“ schildert Marie-Thérèse de Tscharner einen Fall aus ihrem Atelier. Ein siebenjähriger Junge hat sich in den letzten zwei Jahren zu einem traurigen und unlustigen Kind verändert. Er verarbeitet im Atelier die Trauer und die Schuldgefühle zum Tod seines Hundes. Der Hund wurde von einem Auto überfahren, der Junge machte sich Vorwürfe, weil er die Leine nicht halten konnte.  Beim Malen kann er seiner Trauer Ausdruck geben und mit dem letzten Bild einer Reihe, dem verstorbenen Hund einen Platz im Hundehimmel und seinem Herzen malen.

Wie stehe ich eigentlich zu Dir?

Diese Frage tritt immer wieder auf, wie ist mein Verhältnis zu nahestehenden Menschen.

Wie stehe ich zu Dir, Mutter, Vater oder Partner?

Ich beantworte mir das gern mit einem (begleiteten) Portrait. Dabei kommt es gar nicht auf die absolute Ähnlichkeit an, wichtig ist, dass Grundzüge der Person deutlich werden. Und gerade hier sind die Fragen der Begleiterin sehr hilfreich. Ob sie nun das Alter oder die Umgebung der Person betreffen, oder der Gesichtsausdruck hinterfragt wird. Sie erkennt beim Malen die Emotionen, die beim Gestalten dieser Person auftreten und kann durch gezielte Fragen helfen, sich dieser Gefühle bewusst zu werden.

begleitetes malen
Wie stehe ich zu dir?

Beim Malen wird die Beziehung zur Person offengelegt. Aber auch ihre Eigenschaften zeigen sich, oftmals überzeichnet. Ein solches Portrait kann bewusst angegangen werden oder auch aus einer Spur entstehen.

Gerade wenn das Verhältnis zu einer nahestehenden Person schwierig ist, kann es sehr helfen, in eine Maleinheit zu gehen, mit dem Vorsatz ich male jetzt den Vater oder die Mutter oder wen auch immer. Die Schwierigkeiten am Bild zeigen mir die Schwierigkeiten mit der Person, es erfolgt eine ganz intensive Auseinandersetzung auf dem Papier. Und auf dem Papier gibt es die Möglichkeit, der Person etwas ‚zurückzugeben‘ und so zu klären, was ist dein Thema und was ist meins.

Weil ich nur mich selbst und mein Verhalten verändern kann, hilft ein Bild mir dabei die Beziehung zu klären und in gewissem Maß zu reinigen, um anschließend einen leichteren Umgang zu finden.

Ich kann mir die Last von der Seele malen und alte Konflikte im Atelier zurücklassen.

Der Trauer Raum geben

Das Gefühl der Trauer hat wahrscheinlich jeder von uns schon in irgendeiner Form erlebt. Und nicht wenige dürften auch Aussagen wie ’nun muss aber mal gut sein‘ oder ‚das Leben geht weiter‘ gehört haben. Doch jeder verarbeitet Trauer anders. Gerade in unserem Kulturkreis wird Trauer gern unterdrückt, schon nach kurzer Zeit als ‚ungehörig‘ empfunden. Noch vor einigen Jahrzehnten war auch hier das Trauerjahr ganz selbstverständlich, mittlerweile soll möglichst schnell wieder alles gut sein.

requiem
Trauer im Bild verarbeitet

Aber Gefühle lassen sich nicht einfach abschalten. Auch wenn sie unterdrückt werden, gären sie dicht unter der Oberfläche weiter, lassen uns ein Stück Lebenslust verlieren oder äußern sich in körperlichen Symptomen.

Der Malraum, mit seiner Geborgenheit, bietet auch der Trauer Raum. Ob nun bewusste Trauerarbeit geleistet wird, oder im ganz normalen begleiteten Malen die unverarbeitete Trauer an die Oberfläche kommt, Bilder helfen dabei, dieses Gefühl anzunehmen und die Situation zu verarbeiten.

Ein paar meiner eigenen Erfahrungen damit habe ich hier und hier beschrieben.

Auch diese Bilder sind wieder so unterschiedlich wie die Malenden selbst. Doch eines ist allen gemeinsam – wenn sie aufs Papier dürfen, sind sie heilsam und hilfreich.

Eine Mauer ist eine Mauer!

Bei meinem Kollegen Raimund von Schwangerschaftserlebnis-Blog fand ich einen Artikel, in dem er eine Erfahrung mit Malen beschreibt. Ich stelle mir jetzt vor, ein solches Bild zu begleiten und daran zu erläutern, was es genau bedeutet, ein Bild zu klären.

‚Die Zeichenstifte ließen eine Mauer auf dem Papier entstehen, und davor ein Baum. Es gab noch ein paar Luftballons und fertig.‘

Hier setzt die Klärung an – ist das Bild so wirklich fertig? Was für eine Mauer ist das? Gehört die zu einem Gebäude? Ist es eine Gartenmauer? Hast Du sowas schonmal in echt gesehen? Und was hat es mit den Luftballons auf sich? Wo kommen die her? Gibt es dazu eine Geschichte? Möchtest Du mir die erzählen?

Sehr wahrscheinlich nimmt dieses Bild ab hier schon einen ganz anderen Verlauf, aber ich nehme jetzt mal die ursprüngliche Aussage:

‚ Natürlich war mir sofort klar, dass diese Mauer ein Hindernis in meinem Leben darstellen sollte und dass ich unbedingt und sofort drüber weg musste.‘

Mauer
Eine Mauer ist eine Mauer!

Die Mauer wird als Symbol für ein Hindernis betrachtet. Wir sind es gewohnt Darstellungen symbolisch anzuschauen. Im begleiteten Malen ist eine Mauer eine Mauer. Alle Möglichkeiten sind offen. Begibt sich mein Malender auf diese symbolische Ebene, ist es meine Aufgabe, ihn an das Bild zurückzuholen, weg von der als allgemeingültig betrachteten Interpretation ‚Hindernis‘. Dabei handelt es sich um das, was die Gestalttherapie als ‚Introjektion‘ bezeichnet, das ungeprüfte Übernehmen von Normen und Vorstellungen. Am nächsten Morgen kommt Raimund zu genau dieser Erkenntnis:

‚Beide Gedanken waren für mich völlig überraschend. Und sehr interessant! Klar, das Bild zeigte einfach eine Mauer. Wieso hatte ich sofort die Idee, über sie hinweg zu kommen? Ist es nicht erstaunlich, wie leicht man einer Annahme folgt ohne zu überprüfen, ob sie überhaupt stimmt? Ich hatte angenommen, dass diese Mauer ein Hindernis symbolisierte – ja, und warum nicht. Aber warum sollte es ein Hindernis sein, das vor mir lag und nicht eines, das ich endlich hinter mir hatte?
Als ich am nächsten morgen aufwachte, hatte ich sofort und als allererstes zwei Gedanken, die glasklar vor mir standen:
1. Jede Mauer hat irgendwo ein Tor – warum also gehst du da nicht entlang bis du dieses Tor gefunden hast?
2. Wer sagt, dass du da rein willst? Vielleicht warst du endlich draußen?‘

Wäre dieses Malen begleitet gewesen, wäre genau das schon viel früher, in der Arbeit am Bild eingetreten. Welche Geschichte uns die Mauer dann wohl noch erzählt hätte?