Wie hoch muss der Leidensdruck der Angehörigen von Süchtigen sein, bis die Entschuldigungen aufhören?
Der Glaube an die Veränderungsmöglichkeiten von Menschen ist wichtig und grundsätzlich eigentlich positiv. Wenn ich nicht daran glauben würde, könnte ich meinen Beruf an den Nagel hängen.
Gleichzeitig sehe ich aber auch, dass Veränderungen nur aus eigenem Antrieb und eigenem Leidensdruck stattfinden können. Einen anderen Menschen zu verändern ist unmöglich, wenn dieser das nicht selbst wirklich will. Ihn in seinem Unwillen aber zu unterstützen ist kontraproduktiv. Entschuldigungen, wie sie die Überschrift andeutet, lassen sich immer finden. Mal ist es der Stress im Beruf, mal der Private. Der Trinker wird von Freunden dazu verführt oder durch die Umstände dazu gezwungen. Er würde ja gern aufhören, wenn nur erst….
Es gibt keinen vernünftigen Grund Alkohol zu trinken, Pillen oder sonstige Drogen zu nehmen. Kein Problem der Welt wird dadurch gelöst, im Gegenteil: Beziehungen zerbrechen daran, der Führerschein ist (hoffentlich schnell genug) weg.
Und doch wird von Nahestehenden nach Verständnis gesucht, vermeintliche Gründe gefunden. Verantwortungsgefühl kann dabei eine Rolle spielen und vielleicht der (unbewusste) Gedanke, Schuld am Konsum zu sein. Die Leidensfähigkeit wird oft genug bis über alle Grenzen hinaus strapaziert. Damit wird aber auch Leidensdruck vom Süchtigen genommen. Wenn sein Verhalten gedeckt, womöglich sogar noch unterstützt wird, sinkt sein Leidensdruck, der ihn vielleicht noch zur Veränderung motivieren könnte.
Gründe für diese Co-Abhängigkeit gibt es unendlich viele, wahrscheinlich sogar noch mehr als für die Abhängigkeit.
Ein allererster Schritt aus der Co-Abhängigkeit heraus könnte sein, sich immer wieder vor Augen zu halten, dass Alkohol-/Drogenmissbrauch kein Problem der Welt löst und deshalb auch nicht zu rechtfertigen ist. Durch kein „wenn“ und „weil“ – Basta 😉
Klar klingt das banal und ist nicht die Lösung. Aber ein allererster Schritt!
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