Wenn Kinder Häuser ohne Türen malen…

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Wenn Kinder malen

Gerade erreichte mich eine Mail, in der eine Mutter nachfragt, was es bedeutet, wenn Kinder Häuser ohne Türen malen. Ihr Sohn hat in der Schule so gemalt und wurde daraufhin wohl von der Lehrerin zurechtgewiesen, das sei nicht schön. Er möchte seine Bilder nun auch nicht der Mutter zeigen und ist fest davon überzeugt, dass er nicht malen könne, weil da keine Türen drauf wären.

* AUTSCH *

Was es bedeutet, wenn das Haus ohne Tür gemalt wird, kann das Kind am besten selbst erklären. Häufig kommt von Kindern dann die Erklärung, dass die Tür auf der anderen Seite des Hauses ist – so banal.

Solange ein Kind nicht in seinem Verhalten ganz deutliche Besonderheiten aufweist, sind Häuser ohne Türen vollkommen harmlos – wenn Besonderheiten im Verhalten vorliegen, dann sollten diese nicht an Häusern ohne Türen festgemacht werden.

Natürlich legt die Küchentischpsychologie den Schluss nahe, dass ein solches Kind verschlossen ist, andere nicht an sich heranlassen will, etc. Das lässt sich aber nur am Gesamteindruck beurteilen. Sollte es tatsächlich so sein, ist es ganz sicher nicht hilfreich, einem solchen Kind dann eine negative Wertung (nicht schön) mitzugeben.

Wenn ein gemaltes Haus keine Tür hat, dann kann das ein Gesprächseinstieg sein. Durch die einfache Nachfrage „Hat das Haus keine Tür?“ erhält das Kind die Gelegenheit, seine Geschichte zu dem Bild zu erzählen. Anhand dieser Geschichte lässt sich dann vielleicht abschätzen, ob dieses Kind vielleicht wirklich Schwierigkeiten in irgendeiner Form hat. Möglicherweise hat es aber auch ganz einfach die (türlose) Seite des Hauses gemalt, weil an der die schönen Blumen blühen oder die Hundehütte steht. Weil diesem Kind das vielleicht in dem Moment ganz einfach wichtiger war. Oder womöglich hat es keine Tür gemalt, weil es nicht wusste, wie es die Tür malen soll, war verunsichert und hat sie weggelassen.

Ich kann diesem Kind nur wünschen, dass es dadurch nicht jetzt schon die Freude am Malen völlig verloren hat und würde dringend empfehlen, diesem Kind eine Möglichkeit zu schaffen, so zu malen wie es kann und will.

Ohne Wertung oder Beurteilung!

Warum Kinder beim begleiteten Malen mit Pinsel malen

Weshalb malen Erwachsene beim begleiteten Malen mit den Händen, Kinder aber mit Pinseln?

Gute Frage, die da jemand an Google gestellt hat und auf die hier bisher noch keine vernünftige Antwort zu finden ist. Das wird jetzt aber sofort nachgeholt, denn diese Frage hat wirklich ihre Berechtigung.

Beim begleiteten Malen malen Kinder mit weichen Haarpinseln und den schon mehrfach erwähnten Flüssigfarben (von Lascaux).

Das schult zum Einen die Feinmotorik, denn es ist gar nicht so einfach, den Pinsel im richtigen Abstand zum Papier zu bewegen. Diese Distanz schafft die Grundlage für den nächsten wichtigen Grund:

Bewusstes Gestalten

Kinder verfallen beim Malen mit den Händen ganz automatisch ins ‚Matschen‘. Die Farbe auf den Fingern verführt so dazu, dass dabei nach Herzenslust geschmiert und vermatscht wird. Dabei bleibt dann aber ein ganz wesentlicher Aspekt des begleiteten Malens, nämlich das Gestalten, auf der Strecke.

Urformen, Körper-Ego und alle weiteren Aspekte der kindlichen Malentwicklung entwickeln sich beim bewussten Gestalten der Bilder (stärker). Der Kopf ist mit im Spiel. Deshalb malen die Kinder im Malraum mit Pinseln.

Wenn ich merke, dass ein Kind Frust, Wut, Unruhe oder Aggressionen in sich trägt, dann darf es durchaus auch mal ein Bild mit den Händen malen. Damit es besser rutscht, darf dann das Papier eingekleistert werden. Dabei kommen oft auch die Fingernägel zum Einsatz und dürfen bleibende Spuren auf den Farbschichten hinterlassen.

Ungefähr so sehen diese Bilder dann aus:

mit fingern gemalt
Mit den Händen gemalt

Sie haben durchaus ihren Reiz und auch ihre Berechtigung (lassen sich auch prima zu Hause malen), sind aber nicht der eigentliche Sinn des begleiteten Malens!

Jungs im Malraum…

„Ich mal jetzt einen Bus mit Sommerreifen!“ verkündet der Eine.

Der Andere guckt skeptisch auf das Blatt – „Das sind Winterreifen!!! Sommerreifen sehen doch ganz anders aus.“

Und bevor die schönste Fachsimpelei losgeht, ermahne ich beide, sich um das eigene Bild zu kümmern – innerlich aber sowas von breit grinsend 😀

Es leben die Geschlechterklischees…