Muss man den dänischen Familientherapeut Jesper Juul noch vorstellen? Seit Beginn der 2000er Jahre hat er zahlreiche Bücher, Artikel und Filme veröffentlicht. In den letzten Jahren sind mir etliche seiner Ansichten immer wieder als Zitate begegnet, unter anderem auf der Facebookseite des deutschen Ablegers des ‚family lab‘. Die meisten verführten mich zu einem ‚gefällt mir‘. Seine Kernaussagen sind, dass Kinder kompetent sind und wertschätzende Beziehung an die Stelle althergebrachter Erziehung tritt. Eines seiner frühen Werke, „Nein aus Liebe – Klare Eltern – starke Kinder“ (erstmals 2006 erschienen, 2014 gab es die 15. Auflage), möchte ich hier vorstellen.
„Je besser es Ihnen gelingt, Ihre Worte mit Ihrer Persönlichkeit in Einklang zu bringen, desto mehr werden Ihr Selbstvertrauen sowie der Respekt und das Verständnis Ihrer Umgebung wachsen, […]“
(Jesper Juul in „Nein aus Liebe“, erschienen beim Kösel Verlag)
Das „Nein aus Liebe“ erfordert von den meisten von uns Arbeit an der eigenen Persönlichkeit. Nein-Sagen ist ja auch ganz schön schwer – nicht nur Kindern (und Katzen) gegenüber. Vieles aus diesem Buch lässt sich eigentlich auf alle Mitmenschen übertragen, zu denen wir in Beziehungen stehen. Der größte Teil beschäftigt sich allerdings, zumindest vordergründig, mit der Situation in der Familie. „Jesper Juul – Nein aus Liebe (Buchbesprechung)“ weiterlesen
Angebote dafür gibt es jede Menge, Musikschule, Kinderturnen, Kinderenglisch und natürlich (da nehme ich mich ja nicht aus) auch Malen/Kreativangebote. Gerade letzteres kann man ja eigentlich auch Zuhause anbieten – eigentlich. Wer selbst gern in der Richtung aktiv ist, wird wahrscheinlich wenig Schwierigkeiten haben, auch mit Kindern zusammen zu werkeln. Und wenn nicht?
Anscheinend gibt es eine unausgesprochene Forderung, dass ALLE MÜTTER mit ihren Kindern malen und basteln müssen… ganz ehrlich? Riesenquatsch!!
Ich glaube, jede Mutter hat das Recht darauf, authentisch zu sein. Und jede Mutter hat das Recht darauf, irgendwas nicht zu mögen. Punkt!
Keine Mutter muss sich um der lieben Kinder Willen verbiegen. Gewisse Zugeständnisse wird Mama wahrscheinlich ein Stück weit eingehen, um ihrem Kind einen Herzenswunsch zu erfüllen. Meine Tochter beispielsweise tanzt leidenschaftlich gern. Bei den Fasnachtern *schluck*… für mich so ziemlich die ‚Höchststrafe‘. Trotzdem hab ich sie jahrelang zu Auftritten gefahren, beim Umziehen und Schminken geholfen und auch Kostüme genäht. Den Support geleistet, der notwendig war, damit sie diesem Hobby nachgehen konnte. Aber auch nicht mehr. Ich hab mich nicht selbst kostümiert, bin nicht länger als nötig auf den Veranstaltungen geblieben und bin auch sonst nicht närrisch aktiv geworden. Wir konnten mit diesem Kompromiss gut leben. Auch wenn andere Mitglieder der Kindergarde aus ausgesprochenen Fasnachtsfamilien kamen, in denen beide Elternteile aktiv waren (und überhaupt nicht verstehen konnten, dass ich daran keinen Spaß habe), ist der Funke nie auf mich übergesprungen. Muss auch nicht.
Genauso wenig muss er das beim Malen oder Basteln. Wer sich dafür selbst nicht begeistern kann, sollte sich nicht dazu zwingen. Denn erstens merken Kinder es, wenn ein Elternteil nur als Pflichtübung Papier und Stifte auspackt, dabei möglicherweise noch eigene böse Vorbehalte mit sich rumträgt. „Meine Bilder in der Schule waren immer scheußlich!“, „Ich kann das sowieso nicht!“, „Ich hab noch nie gerne gemalt!“. Sowas überträgt sich dann unter Umständen sogar noch auf die Kinder oder äußert sich in unpassenden Äußerungen wie „macht ja nix, dass dein Haus so schief ist, ich konnte auch nicht malen!“.
Mit so einer Situation kann man unterschiedlich umgehen:
Malen ist doof, ich hab das schon nicht gern gemacht, also musst (darfst) du das auch nicht machen
Ich fand Malen immer doof, aber vielleicht macht es ja mit dir zusammen doch Spaß
Ich finde Malen doof, aber wenn du es gerne machen möchtest, dann darfst du es gern tun.
Die letzten beiden Varianten sind natürlich die konstruktivsten, denn sie stellen dem Kind frei, gern zu malen. Entweder allein (bzw. mit Freunden) und einer Bastelkiste mit eigenem Material oder eben auch in einem begleiteten Angebot mit ‚Gleichgesinnten‘ (was ganz sicher mehr Spaß macht). Toll wäre natürlich, wenn die uninteressierte Mama sich trotzdem ein bisschen für die Werke des eigenen Kindes interessieren und mit ihm darüber sprechen kann. Und wenn auch Zuhause ein Grundstock an Material zur freien Verfügung steht, damit auch mal spontane Ideen umgesetzt werden können oder einfach eine Weile Beschäftigung mit Papier und Farbe allein möglich ist, umso besser.
Aber – alles entspannt, ohne Verrenkungen und Verbiegen! 🙂