Nur nicht loben!!!

Bei mir im Atelier werden die Bilder gewürdigt, aber nicht gelobt.

Das hört sich erstmal ganz schön sonderbar an, hat aber durchaus seinen Sinn.

Wird ein Bild besonders gelobt, zumeist ja für ein positives Motiv, versucht das Kind immer mehr dieser „schönen Bilder“ zu produzieren. Die Themenwahl wird dadurch eingeschränkt. Es traut sich nicht (mehr) auch Bilder zu malen, die keinen schönen Inhalt haben.Die gemalte Schlange - vor der kriege ich richtig Angst

Gerade für solche Bilder soll aber das Atelier den Raum geben, auch die unschönen Seiten des Kinderlebens dürfen hier aufs Papier.

Darüber hinaus wird  eine Erwartungshaltung aufgebaut, das Kind lauert regelrecht auf mein nächstes Lob. Bleibt das aus, so erfolgt der Umkehrschluß „mein Bild ist nicht gut“.

Anstatt mit einem Lob in der Form: „Das ist aber schön geworden!“, wird mit einer Aussage wie „das war ganz schön viel Arbeit!“ oder „da hast du dich aber sehr angestrengt!“ das Tun des Kindes anerkannt.

Wie wirkt das Bild auf mich?

Auch hilfreich sind Aussagen darüber, wie das Bild auf mich wirkt: „Das macht mich richtig fröhlich!“ oder auch „das macht mir Angst!“. Das beschreibt nur meine Gefühle. Die des Kindes dürfen und können völlig anders sein. Hat es beispielsweise ein beeindruckendes Monster gemalt, darf ich sagen „das macht mir richtig Angst“. Für das Kind kann dieses Monster dabei dann doch ein hilfreiches Wesen sein: „Gell, der sieht gefährlich aus, der passt in der Nacht auf mich auf, dass mir niemand was tut! Ich habe einen Beschützer, der sogar Dir Angst macht“.

Gerade in Gruppen ist darauf zu achten, dass die Kinder ihre Bilder auch nicht gegenseitig in der oben beschriebenen Form loben oder kritisieren.

Jeder malt so, wie er es kann und will!“ gibt jedem Bild den verdienten Rahmen und verhindert Konkurrenzkämpfe zwischen den Kindern.

Die Bilder bleiben im MalAtelier und werden den abholenden Eltern nicht gezeigt. Erst zum Abschluss eines Kurses, trifft das Kind, das die Bilder gemalt hat, die Auswahl, welche davon es mit nach Hause nehmen möchte.

So können die Kinder im geschützten Rahmen auch Themen bearbeiten, die sie beschäftigen, die aber nicht als schön im landläufigen Sinn gelten. Ob nun Eifersucht auf ein Geschwister, Trennungsängste, Trauer, Mobbing oder Einsamkeit: Die Palette der kindlichen Themen ist breit und sollte ihren geschützten Raum erhalten.

Entwicklungshilfe?

Was bringt das begleitete Malen für die kindliche Entwicklung?

Eine der Urformen, die unorientierte Tastfigur

Dürften sich die Kinder beim Malen völlig frei entwickeln, so wäre begleitetes Malen fast unnötig.

Arno Stern hat es als Erster erforscht, die Malentwicklung der Kinder verläuft weltweit, wenn sie nicht beeinflusst wird, nach einem gewissen Schema. Sie beginnt mit den Urformen und endet mit der Entwicklung der perspektivischen Darstellung, etwa im 13. Lebensjahr. In dieser ganzen Zeit, ist das Malen weit mehr als nur ein netter Zeitvertreib. Malen ist ein wichtiges nonverbales Ausdrucksmittel. Malen ist Bestandteil einer ganzheitlichen Entwicklung und fördert die Integration von Körper und Seele. Malen schult die Wahrnehmung.
In diese Entwicklung wird jedoch immer wieder eingegriffen. Angefangen vom gut gemeinten „Ich zeig dir, wie man ein Haus malt“, bis hin zu schulischen und vorschulischen Aufgabenstellungen, bei denen das Malen nach Motivvorgaben zur rein feinmotorischen Übung entfremdet wird.
Dabei muss gar nicht mal die ganze Fördermaschinerie in Bewegung sein, die Auswüchse in Form von „Malen wie die Großen“ und ähnlicher Veranstaltungen enthält, in denen Kinder nach dem Techniken berühmter Künstler malen lernen sollen.
Schon das ganz „normale“ Ausmalbildchen anmalen oder auch die Vorgabe „malt ein Frühlingsbild“ lässt keinen Raum für die eigenen Ideen und Bilder.
„Was soll ich denn jetzt ein Frühlingsbild malen, wo doch beim Nachbarn gerade so ein toller, großer Bagger rumfährt“, mag sich da so manches Kind denken.
Bei vielen Kindern führt dies recht schnell dazu, dass Malen außerhalb des schulischen Pflichtrahmens, gar nicht mehr (freiwillig) gemacht wird. Frustration macht sich breit – „Ich kann das nicht!“. Vergleiche mit den Bildern anderer Kinder, die in der Entwicklung schon ein Stück weiter sind, verstärken diesen Frust.
Beim begleiteten Malen bietet das Atelier einen Schutzraum, in dem die eigenen Bilder zu ihrem Recht kommen und dem Entwicklungsstand entsprechend gemalt werden dürfen.

„Jeder malt so, wie er kann und will!“.

Dort ist die eigene Entwicklung beim Malen möglich, auch wenn die Einflüsse von Schule und Umwelt immer wieder spürbar werden.
Kommen Erwachsene ins Atelier, so ist ganz schnell zu erkennen, wann sie mit ihrer kindlichen Malentwicklung „aufgehört“ haben, an genau dem Punkt, geht es dann im begleiteten Malen weiter.

Ganzheitliche Förderung – 10 Punkte, warum Kinder malen sollen

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Was bewirkt das Malen bei Kindern?

Malen und kreatives Gestalten sind ein wesentlicher Beitrag zur ganzheitlichen Förderung von Kindern und Jugendlichen. Besonders das begleitete Malen, aber auch freies Malen fördert viel mehr Kompetenzen, als auf den ersten Blick zu sehen sind.

Malen als ganzheitliche FörderungFörderung der Fein- und Grobmotorik

Das große Papierformat an der Wand ermöglicht sowohl große, ausladende Bewegungen, als auch kleine und diffizile Ausführung von Details. So fördert es Grob- und Feinmotorik gleichermaßen.

Vollendung der natürlichen Malentwicklung

Die normale Malentwicklung von Kindern, wird durch Anforderungen in Elternhaus, KiTa und Schule unterbrochen. Das begleitete Malen oder freies Malen ganz ohne Vorgaben, gibt Kindern die Gelegenheit, diese Entwicklung fertigzustellen. Dabei entwickeln sie ihre eigene Darstellung von Räumlichkeit, die wichtig ist für die Vernetzung der beiden Hirnhälften.

Förderung von Stille und Konzentration

Im Malatelier stellt sich eine konzentrierte und ruhige Atmosphäre ein. Die Malleiterin stellt diese andernfalls her und achtet darauf, dass sie eingehalten wird. Auch unruhige Kinder werden an die Stille herangeführt und lernen diese zu ertragen und zu genießen.

Sprache und Kommunikation

Das Gespräch am Bild fördert die Kommunikationsfähigkeit. „Erzähl mir was über dein Bild!“ beinhaltet, dass das Kind eine Geschichte mit den erforderlichen Hintergründen vollständig vermittelt. Das Kind lernt, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen.

Beziehungen / soziale Kompetenzen

Durch das Arbeiten in der Gruppe mit begrenzt vorhandenem Material ist Rücksichtnahme und Absprache unverzichtbar. Es entsteht eine Beziehung zwischen den malenden Kindern untereinander und zur Malleiterin.

Hilf mir es selbst zu tun!

Das Malen hilft dabei, eigene kreative Lösungen zu finden. Vermeintliche Fehler führen zu oft überraschenden Lösungen.

Kreative Lösungsansätze zur Verarbeitung schwieriger Lebenssituationen

In der Arbeit an den eigenen Bildern können schwierige und belastende Situationen auf Papier gebracht werden. So können Kinder ihre Probleme thematisieren und lösen.

Möglichkeit neue Verhaltensmuster auszuprobieren

Wir gehen davon aus, dass sich jemand beim Malen so verhält, wie auch im sonstigen Leben. Auf dem Papier können Kinder neue Verhaltensmuster spielerisch ausprobieren und einüben.

Unterstützung des Selbstwertgefühls

Die Würdigung der Leistungen und das direkte Erleben der eigenen produktiven Kreativität stärkt das Selbstwertgefühl der Kinder. Wow – dieses Bild habe ich selbst gemalt!

Eigene Aktivität statt passivem Konsum

Gerade im Medienzeitalter werden schon Kinder mit vorgegebenen Bildern überflutet. In Büchern, TV oder Computer/Spielkonsole ist die Bildsprache von Erwachsenen vorgegeben. Malen setzt eigene Bilder dagegen und bringt sie zum Ausdruck. Eine Bastelkiste kann mit wenig Aufwand selbst gemacht werden und sollte jedem Kind zur Verfügung stehen.

Mit Kindern malen und über ihre Bilder sprechen

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Mit Kindern über ihre Bilder sprechen

Kinder sollten möglichst oft die Gelegenheit erhalten, frei zu malen, ohne vorgegebene Motive oder Themen.

Ob nun im Malraum beim begleiteten Malen, in Kita, Schule oder zu Hause am Küchentisch, ein paar grundsätzliche Gesichtspunkte sollten wir im Gespräch mit den malenden Kindern berücksichtigen.

Gleich vorweg – die beliebte Frage „Was hast du denn da gemalt?“ sollte Tabu sein. Genau überlegt, signalisiert sie doch dem Kind „Ich kann nicht sehen, was das sein soll, du hast es nicht gut genug gemalt, ich kann es nicht erkennen!“. Dieses Problem ist in den Büchern von Rudolf und Marielle Seitz („Was hast du denn da gemalt?“ / „Kreative Kinder“) ausführlich besprochen.

Wenn das Kind fragt, was es malen soll, bietet es sich an mit einer Gegenfrage zu antworten „Was möchtest du denn malen?“ oder auch „Das was dir gerade einfällt!“

Sollte dann immer noch keine Idee da sein, kann beispielsweise nach der Lieblingsfarbe gefragt werden. Wenn auch dann noch keine Inspiration vorhanden ist, kann man weiter fragen, was denn diese Farbe hat, was ihm zu der Farbe einfällt.

Erzähl mir die Geschichte zu deinem Bild

Fängt ein Kind sofort an zu malen, kann man zunächst einmal beobachten. Wenn es wichtig ist zu wissen was gerade dargestellt wird, dann kann man fragen „Gibt es dazu eine Geschichte?“ oder „Erzähl mir die Geschichte dazu!“. Dabei ist aber auch unbedingt zu akzeptieren, wenn das Kind diese Geschichte nicht erzählen möchte. In dem Fall sollte weder nachgebohrt noch interpretiert werden.

Beim Malen selbst tauchen dann häufig Fragen oder auch Klagen auf, dass es irgendwas nicht malen könne. Auch hier helfen weitere Fragen dem Malenden, seine eigene Lösung zu finden.

Ein möglicher Beispieldialog wäre:

K: „Mal mir eine Katze, ich kann das nicht!“

E: „Was hat denn eine Katze alles?“

K: „Einen Kopf!“

E: „Dann fang mit dem Kopf an!“

Technische Hinweise sind nicht sinnvoll. Sowohl die Darstellung von Figuren, als auch die Perspektive sind Entwicklungsvorgänge, die vollständig durchlaufen werden müssen, damit ein Kind sie wirklich verinnerlicht. Genauso wie man Kinder mittlerweile nicht mehr auf die Füße stellt, wenn diese eigentlich krabbeln wollen und können, sollten sie auch beim Malen die Gelegenheit zur Entwicklung im eigenen Tempo erhalten.

Wie kann das Gespräch ablaufen?

Auf inhaltliche Aspekte darf durchaus eingegangen werden. Malt ein Kind beispielsweise ein Haus ohne Tür, so kann man mit einer offenen Frage darauf reagieren. „Hat das Haus keine Tür?“ Das bietet die Möglichkeit einer Erklärung, wenn sich die Tür beispielsweise auf der anderen Seite des Hauses befindet. Vielleicht wurde sie aber auch nur vergessen und kann mit diesem Hinweis noch eingefügt werden.

Sogenannte Setzungen motivieren zusätzlich:  „Das macht dir Spaß!“.
Stockt der Malprozess kann auch nachgefragt werden „Wie geht es weiter?“, „Was fehlt noch?“ oder auch „Kannst du das Bild so lassen?“.
Gerade bei kleinen Kindern kann es auch notwendig sein, zu fragen, ob das Bild jetzt fertig ist und sie ein neues Blatt möchten. Ganz wichtig ist immer, dass das Sprechen über die Bilder echtes Interesse und Anerkennung zeigt. Denn nichts ist schlimmer, als ein pflichtbewusst dahingesagtes Lob.