An diesem Dienstag kam der Zwölfjährige schon richtig unleidlich ins Atelier. Er war so richtig mies drauf, nichts wollte ihm gefallen. Ich wusste, dass er in einer sehr schwierigen Situation steckte und versuchte, ihm das Malen doch schmackhaft zu machen.
Zuerst konnte er sich kaum entscheiden, wie das Papier gehängt werden soll, halbherzig lies er sich schließlich auf das Querformat ein. Lustlos fing er an eine beliebige Farbe aufs Papier zu bringen, zunächst bogenförmig. Mit dem nächsten Pinsel malte er darüber, brachte eine Farbe nach der anderen übereinander auf. Der anfängliche Bogen erweiterte sich zur liegenden Acht.
Die Farben vermischten sich zu einem grünlich-bräunlichen Grau. Immer schneller übermalte er immer wieder die gleichen Stellen.
Irgendwann beschloss er, es sei jetzt fertig.
Aber zufrieden war er mit seinem Bild nicht, überhaupt nicht.
Meine Anregung, es sich mit etwas Distanz anzuschauen nahm er an. Auf die Frage, ob ihm etwas dazu einfalle, ob er was darin erkennen könne, was er weiter ausarbeiten könnte, um vielleicht doch noch zufrieden mit dem Bild zu werden, entlockte ihm nur ein Kopfschütteln.
Er betrachtete sein Bild eine ganze Weile aus der Entfernung, bevor er sich zu mir drehte und erklärte: „Sabine, ich weiß jetzt, was dem Bild fehlt!“
Daraufhin ging er zu seinem Bild und gab ihm einen Kuss. „Jetzt hab ich es gern!“