Manchmal entwickeln die Bilder ein richtiges Eigenleben. Ein schönes Beispiel dafür ist mir im Rahmen der Ausbildung widerfahren.
Ich begann das Bild mit einer Farbspur in rot. Mit geschlossenen Augen einfach irgendwie die Farbe aufs Papier gebracht und dann geschaut, was das so sein könnte. Ah, ganz klar, eine Himbeere, riesengroß und saftig-lecker.
Beim Ausarbeiten dieser Himbeere, fing die dann aber an zu zicken und so gar nicht mehr so zu wollen wie ich. Der größte Teil war schon fertiggestellt, eigentlich musste jetzt nur noch ein Blatt unter die Beere, doch irgendwie klappte es nicht so recht.
Ich merkte, dass es mir nicht gelingen wollte, die Himbeere nur als leckere, verlockende Frucht darzustellen und noch ehe mir so wirklich klar war, was ich da mache, fing ich an, einen Wurm reinzumalen. Aber so richtig mit Genuss und Befriedigung.
Das Bild war noch nicht richtig fertig, da konnte ich meiner Malbegleiterin auch schon erklären, was es mit dem Wurm auf sich hatte – meine Eltern hatten Himbeeren im Garten, Riesenmengen an Himbeeren, die immer restlos gepflückt und verwertet werden mussten. Himbeermarmelade, Himbeerquark, Himbeerkuchen, Himbeersaft usw. Und das alles immer in so einer genussfeindlichen Haltung „das haben wir, das muss weg!“.
Der Wurm war meine späte Genugtuung dafür.
Und mir ging es nach diesem Bild so richtig guuuuuuuut!