Kreativität kann sein, Alltägliches ganz anders zu sehen.
Ich hab nur ein bisschen mit Bildbearbeitung rumgespielt und dabei solche Ergebnisse bekommen:
Bildbearbeitungsprogramme gibt es viele. Ein schönes, relativ einfach zu bedienendes und für den nichtkommerziellen Gebrauch kostenloses Programm ist Irfan View. Auch fein und kostenlos, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig in der Bedienung: Gimp
Bei meinem Kollegen Raimund von Schwangerschaftserlebnis-Blog fand ich einen Artikel, in dem er eine Erfahrung mit Malen beschreibt. Ich stelle mir jetzt vor, ein solches Bild zu begleiten und daran zu erläutern, was es genau bedeutet, ein Bild zu klären.
‚Die Zeichenstifte ließen eine Mauer auf dem Papier entstehen, und davor ein Baum. Es gab noch ein paar Luftballons und fertig.‘
Hier setzt die Klärung an – ist das Bild so wirklich fertig? Was für eine Mauer ist das? Gehört die zu einem Gebäude? Ist es eine Gartenmauer? Hast Du sowas schonmal in echt gesehen? Und was hat es mit den Luftballons auf sich? Wo kommen die her? Gibt es dazu eine Geschichte? Möchtest Du mir die erzählen?
Sehr wahrscheinlich nimmt dieses Bild ab hier schon einen ganz anderen Verlauf, aber ich nehme jetzt mal die ursprüngliche Aussage:
‚ Natürlich war mir sofort klar, dass diese Mauer ein Hindernis in meinem Leben darstellen sollte und dass ich unbedingt und sofort drüber weg musste.‘
Die Mauer wird als Symbol für ein Hindernis betrachtet. Wir sind es gewohnt Darstellungen symbolisch anzuschauen. Im begleiteten Malen ist eine Mauer eine Mauer. Alle Möglichkeiten sind offen. Begibt sich mein Malender auf diese symbolische Ebene, ist es meine Aufgabe, ihn an das Bild zurückzuholen, weg von der als allgemeingültig betrachteten Interpretation ‚Hindernis‘. Dabei handelt es sich um das, was die Gestalttherapie als ‚Introjektion‘ bezeichnet, das ungeprüfte Übernehmen von Normen und Vorstellungen. Am nächsten Morgen kommt Raimund zu genau dieser Erkenntnis:
‚Beide Gedanken waren für mich völlig überraschend. Und sehr interessant! Klar, das Bild zeigte einfach eine Mauer. Wieso hatte ich sofort die Idee, über sie hinweg zu kommen? Ist es nicht erstaunlich, wie leicht man einer Annahme folgt ohne zu überprüfen, ob sie überhaupt stimmt? Ich hatte angenommen, dass diese Mauer ein Hindernis symbolisierte – ja, und warum nicht. Aber warum sollte es ein Hindernis sein, das vor mir lag und nicht eines, das ich endlich hinter mir hatte? Als ich am nächsten morgen aufwachte, hatte ich sofort und als allererstes zwei Gedanken, die glasklar vor mir standen: 1. Jede Mauer hat irgendwo ein Tor – warum also gehst du da nicht entlang bis du dieses Tor gefunden hast? 2. Wer sagt, dass du da rein willst? Vielleicht warst du endlich draußen?‘
Wäre dieses Malen begleitet gewesen, wäre genau das schon viel früher, in der Arbeit am Bild eingetreten. Welche Geschichte uns die Mauer dann wohl noch erzählt hätte?