Wie gehen wir überhaupt mit unseren Gefühlen um?

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Welche Gefühle bringt der November mit sich?

Seitdem ich die Idee zu dieser Novemberblues-Serie hatte, geht mir der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf.

Wie ist das überhaupt mit unseren Gefühlen? Wie gehen wir damit um? Und – um eine Basis für meine weiteren Ausführungen zu legen – welche Gefühle gibt es denn überhaupt?

Die Suche nach einer einfachen Aufzählung möglicher Gefühle zeigt, dass es schon gar nicht so einfach und selbstverständlich ist, was denn überhaupt Gefühle sind. Je nach psychologisch/philosophischem Hintergrund werden zwischen zwei und elf Grundgefühle unterschieden.

Welche Gefühle gibt es?

Ich bin so frei und sammle aus verschiedenen Quellen, so dass ich die folgenden Gefühle als Ausgangspunkt nehme:
Begierde, Bewunderung, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Liebe, Hass, Sehnsucht, Eifersucht, Mitleid, Fröhlichkeit, Wut, Ekel, Verlangen, Verachtung, Traurigkeit, Überraschung, Interesse-Neugier, Ärger, Schmerz, Scham und Schuld.

Auch diese Auflistung ist ganz sicher nicht vollständig und darf gern per Kommentar ergänzt werden.

Betrachte ich mir nun diese Auflistung, so fällt mir auf, dass nur wenige dieser Gefühle  positiv besetzt sind.

Mut, Freude, Liebe und Fröhlichkeit stehen allgemein in einem positiven Licht, sie werden allgemein gern genommen und akzeptiert.

Doch was ist mit den anderen Gefühlen? Wer gibt schon gern zu, dass er eifersüchtig ist, sich ärgert, sich schämt, zornig oder traurig ist? Und doch empfindet jeder von uns immer wieder auch diese Gefühle.

Ist es dann nicht der erste Impuls, diese Empfindungen zu unterdrücken und beiseite zu schieben? Und nur wer gänzlich unbeherrscht ist, gibt den Gefühlen Ausdruck, oder?

Ich will hier nun beileibe nicht dazu auffordern, alle Gefühle unkontrolliert auszuleben.

Gefühle achtsam wahrnehmen

Aber – im eigenen Interesse – soll die Achtsamkeit auf die Gefühle geweckt werden, sie sollen wahrgenommen, erkannt und beachtet werden.

Das, was da in meinem Bauch grummelt ist Ärger – was ärgert mich denn da so? Kann ich diesen Ärger annehmen, ist er gerechtfertigt? Vielleicht als der Ausdruck, dass hier gegen meine Werte verstoßen wird? Eine interessante Darstellung dazu findet sich auf dem Psychosophieblog. Wenn ich den Ärger identifizieren und beachten kann, erspart mir das unter Umständen ein Magengeschwür oder einen Herzinfarkt.

Dieser Kloß in meinem Hals ist Trauer, was macht mich denn da so traurig? Ist es wirklich nur der Novembernebel, oder war da vielleicht doch mehr?

Vielleicht gelingt es uns dann sogar diese ’negativen‘ Gefühle als den notwendigen Gegenpol zu den ‚Positiven‘ zu betrachten. Glück und Freude erkenne ich erst dann intensiv, wenn ich auch Trauer und Ärger kenne.

Novemberbluesige Wahrnehmungsübung

kastanienbaum
Noch ziemlich grün und belaubt

Wie schon an den letzten Montagen, gibt es auch heute wieder eine kleine Wahrnehmungsübung. Diesmal ist es eine Phantasiereise: Ein Baum im Wechsel der Jahreszeiten.

Leg Dich bequem hin und schließe Deine Augen.

Stell Dir vor, Du bist ein Baum. Spüre Deine Wurzeln, wie sie sich immer feiner verästeln. Dein Stamm – ist er stark und fest oder eher biegsam und geschmeidig? Deine Äste verzweigen sich – zeigen sie nach oben oder sind sie elastisch-hängend wie bei einer Birke oder Weide?

Es ist Frühling, erste Blattknospen wachsen. Wie fühlt sich das an? Die Knospen brechen auf und die Blätter entfalten sich. Dein Laub wird immer dichter und grüner.

Es wird Sommer – dein dichtes Laub spendet Schatten und wird von der heißen Sonne beschienen. Achte auf Deine Wahrnehmung, verändert sich etwas? Wie fühlt es sich an?

Der Sommer neigt sich dem Ende zu, Dein Laub fängt schon ganz langsam an, sich zu verfärben. Es wird heller, um dann im Herbst in voller Farbenpracht zu erstrahlen. Wie fühlt sich das jetzt an?

Die Blätter fallen ab, eins nach dem Anderen, ganz langsam oder auch sehr schnell. Es wird von Tag zu Tag kälter, die Sonne verliert ihre Kraft. Deine Blätter liegen auf dem Boden. Dort werden sie von der Erde aufgenommen, geben der Erde neue Kraft. Achte auch jetzt darauf, wie es sich anfühlt.

Es wird kälter, ganz kahl stehst Du da, als der erste Schnee fällt und Deine Äste und Zweige bedeckt. Der Winter ist da.

Wie geht es Dir?

Langsam werden die Tage wieder länger, ganz langsam erwachst Du und fängst an neue Blattknospen zu bilden. Es wird Frühling…

Achte auf Deine Empfindungen, auf Deine Gefühle in den einzelnen Jahreszeiten. Lass die Stimmungen noch ein bisschen nachwirken…..und dann öffne ganz langsam Deine Augen und kehre zurück ins Hier und Jetzt.

Bildergespräch – wie beeindruckend.

Wenn jemand eine Weile regelmässig begleitet gemalt hat, findet ein „Bildergespräch“ statt. Dazu werden alle bereits gemalten Bilder im Atelier aufgehängt.

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Was willst du mir denn erzählen?

In einem Einzeltermin werden dann die Bilder gemeinsam von der Malenden und der Malleiterin betrachtet und besprochen.

Der Eintritt ins Atelier ist wirklich beeindruckend, alle Wände hängen voll mit meinen Bildern. Wie alte Bekannte oder auch fast Fremde hängen sie da. Manche wecken beim Betrachten eine Flut an Emotionen, andere sind noch immer rätselhaft. Und einige sind dabei, an die ich mich gar nicht mehr richtig erinnern kann.

Im Gespräch wird nach Verbindungen gesucht, manchmal haben Bilder, die zeitlich voneinander entfernt, entstanden sind, einen gemeinsamen Hintergrund. Manchmal gibt es ganze Bilderserien, die fortlaufend ein Thema behandeln.

Andere verschliessen sich auch jetzt noch und wollen ihre Bedeutung (noch) nicht preisgeben.

Spannend ist das!

Aufschlussreich!

Hilfreich!

Und beeindruckend bunt!

Reif für die Farbe – 10 Punkte, wann Erwachsene malen sollten

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Wann sollten Erwachsene malen?

Auch hier gilt im Prinzip das Gleiche wie bei den Kindern, schaden wird es generell niemandem.

Typische Anzeichen dafür, dass das Malen im Atelier ganz besonders hilfreich sein könnte, sind aber:

Trauererlebnisse

Unverarbeitete Trauer belastet, das Malen kann helfen, den Verlust anzunehmen.

Stress

Wenn Du nicht mehr weißt, wo Dir der Kopf steht, hilft das Malen, Dich auf Dich und Deine Bedürfnisse zu besinnen und zur Ruhe zu kommen.

Burnoutgefahr

Beim Malen lernst Du, Grenzen zu definieren und ihre Einhaltung zu beachten.

Familienprobleme

Wo stehe ich in meiner Familie, was ist für mich wichtig?

Paarprobleme

Wie stehe ich zu Dir?

Frauenspezifische Probleme

Kinderwunsch, Schwangerschaft, die Kinder werden flügge, Wechseljahre

Schwierige Lebenssituationen

Als pflegende Angehörige oder Eltern besonderer Kinder, Midlifecrisis, Diagnose einer schweren Erkrankung, Leben mit einer chronischen Krankheit

Zeiten der Veränderung

Trennung, Jobverlust – Krisen können Chancen sein.

Mangelndes Selbstvertrauen

Lern Dich neu kennen und entdecke Deine Fähigkeiten.

Persönlichkeitentwicklung

Auf dem Papier können neue Verhaltensmuster ausprobiert und gefestigt werden.

Wahrnehmungsstörungen, Entwicklungsverzögerungen…

Greif zu!

…sind nur zwei Indikationen, bei denen für Kinder das freie Malen förderlich sein kann.

Auch bei Sprachproblemen, Schlafstörungen, Ängsten, ADS/ADHS, Dyskalkulie, Legasthenie, körperlichen Handicaps und vielen anderen ist das Malen eine wertvolle Unterstützung zu den dann angewandten Therapien.

Warum? Auf der einen Seite fördert es die Integration der Hirnhälften. Auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit, im geschützen Malraum, Gefühle zu äußern. Frustrationen, die als Folge der ursprünglichen Störungen auftreten, können so verarbeitet werden. Durch die kritikfreie Atmosphäre gibt es Erfolgserlebnisse, die das Selbstbewusstsein stärken. Noch mehr Argumente dafür sind hier zu finden.

Das Malen ersetzt aber keineswegs eine Ergotherapie oder Logopädie und natürlich schon gleich gar nicht den Arztbesuch. Es kann aber diese Therapien verstärken und unterstützen. Generell schadet es bei keinem Kind.

Und wenn das Kind nicht gern malt? Gerade dann lohnt sich ein Schnupperbesuch im Atelier, denn durch die spezielle Atmosphäre und die anregenden Materialien finden die meisten Kinder doch Spaß daran.

Wahrnehmungsstörungen

Gibt es Störungen bei der Weiterleitung oder bei der Verarbeitung im Gehirn, so kommen Informationen trotz intakter Sinnesorgane nicht oder nicht vollständig an. Ist beispielsweise der Sehnerv geschädigt, so kann das Auge zwar sehen, das Gehirn erhält die Sehinformationen aber nicht oder unvollständig.

Beim Säugling findet in den ersten Lebensmonaten das eigentliche „Sehenlernen“ statt. Dafür gibt es ein enges Zeitfenster, was bis dahin nicht gelernt ist, kann auch später nicht mehr gelernt werden.

In den 70er Jahren  deckten die Nobelpreisträger Torsten Wiesel und David Hubel jungen Katzen ein Auge ab. Die Katzen blieben auch später auf diesem, völlig gesunden Auge, blind. Auch beim Menschen ist diese Phänomen nachweisbar, Kleinkinder oder Erwachsen, die in der Vergangenheit wegen einer Linsentrübung operiert worden sind, blieben blind, obwohl das Auge nach dem Eingriff eigentlich funktionierte. Säuglinge, die früh genug wegen der gleichen Erkrankung operiert wurden, konnten das Sehen noch lernen.

Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass nun in allen Bereichen Hopfen und Malz verloren ist, wenn Störungen der Wahrnehmung vorliegen. Nur in den wenigsten Fällen ist die Wahrnehmung dann dauerhaft verloren. Das Gehirn ist erstaunlich anpassungsfähig, häufig benötigte Verbindungen werden als „Schnellstraße“ angelegt. Und auch geschädigte Bereiche können durch neue Vernetzungen in gewissen Grenzen wiederhergestellt werden.

Wahrnehmung – mehr als nur 5 Sinne

Immer wieder ist, auch in meinen Artikeln, von der Wahrnehmung die Rede.

Was genau ist damit denn gemeint?

Die Sinnesorgane erscheinen zunächst noch ganz einfach zu erklären, wir sehen mit den Augen, hören mit den Ohren, riechen mit der Nase und schmecken mit der Zunge.

Doch schon beim Fühlen wird es schwieriger, das entsprechende Sinnesorgan zuzuordnen. Die Haut leistet einen Teil dieser Arbeit, doch auch in den tieferliegenden Körperregionen gibt es „Rezeptoren“, die als „Muskelsinn“ die Stellung der Körperteile zueinander fühlbar machen.

Und wie war gleich noch der Geschmackssinn bei einer ordentlichen Erkältung? Wer nichts riecht, der schmeckt auch kaum etwas.

Die Sinnesorgane sind jedoch nur ein Teil der Wahrnehmung. Sie leiten ihre Eindrücke über die Nerven weiter an das Gehirn. Dort findet die eigentliche Verarbeitung der Sinnesreize statt. Nur die Sinnesreize, die dort auch weiterverarbeitet werden, sind Bestandteil der Wahrnehmung.

Wie sieht nun diese Weiterverarbeitung aus?

brrr, sauer
brrr, sauer

Nehmen wir an, wir betrachten eine Zitrone. Das Auge erkennt die Farbe, die Form, die Helligkeit und meldet all diese Informationen an das Gehirn weiter. Dort werden die gemeldeten Merkmale der Gedächtnisinformation Zitrone zugeordnet und gleich die zugehörigen Informationen über Geruch, Geschmack und wie sich eine Zitrone anfühlt bereitgestellt. Und auch wenn wir Zitronenduft wahrnehmen, funktioniert die Verarbeitung im Gehirn und stellt uns die Bilder und sonstigen Informationen zur Verfügung.

Wie das genau funktioniert, ist bisher noch nicht wissenschaftlich erklärbar.

Eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass das funktionieren kann, ist jedoch altbekannt. Wir müssen irgendwann kennengelernt haben, dass das eine Zitrone ist. Wie sieht sie aus, wie fühlt sie sich an, wie riecht sie, wie schmeckt sie? Je öfter wir eine Zitrone wahrgenommen haben, desto schneller stellt uns das Gedächtnis die Informationen zur Verfügung.

Noch eine kleine Wahrnehmungsübung

Heute versuchen wir uns zwei Minuten lang auf die Wahrnehmung bei einem alltäglichen Vorgang zu konzentrieren, beispielsweise beim Spülmaschine ausräumen.

Wie fühlt sich das Geschirr an? Warm oder kalt? Glatt oder rauh? Feucht oder trocken?

Wie fühlt sich mein Rücken? Angestrengt? Verspannt?

Was höre ich? Klappern der Teller? Klirren des Bestecks?

Was rieche ich?

Was sehe ich?

Wie fühle ich mich dabei? Alle Last auf meinen Schultern oder Freude über das saubere Geschirr?

Wie geht es dir dabei?

Ich mal aber nur abstrakt

energiebildGerade wenn es darum geht, Gefühle aufs Papier zu bringen, herrscht oft die Meinung vor, dies ginge nur mit abstrakter Darstellung.

Ich will den abstrakten Werken hier keinesfalls absprechen, dass sie Gefühle ausdrücken und diese auch dem Betrachter vermitteln. Auch ich selbst male gern mal abstrakt, allerdings haben diese Bilder einen ganz anderen Hintergrund als die ‚begleiteten‘ Bilder, um die es hier hauptsächlich geht.

Der Grund dafür ist eigentlich auch ganz einleuchtend – bei abstrakter Darstellung  bin ich als Malende in meiner eigenen Bildersprache. Themen sind nicht ofensichtlich erkennbar, es verbleibt viel Spielraum für die Fantasie. Das empfinde ich als durchaus reizvoll und interessant.

Um beim Malen meine Persönlichkeit weiter zu entwickeln, sind diese Bilder aber zu wenig konkret. Sie drücken oft sehr allgemein eine Stimmungslage aus, bieten aber wenig bis keine Anhaltspunkte, um festzustellen woher diese Stimmung kommt oder was sie bewirkt. Einem Außenstehenden geben sie noch weniger Ansatzpunkte. Die Geschichte, die sie erzählen, ist nur Eingeweihten zugänglich.

Werde ich im Malen gegenständlich, kann eine Malbegleiterin hier ganz konkret anpacken. Geht es mir darum, ein Gefühl darzustellen, so male ich eine Situation, in der ich diese Gefühle habe/hatte.

„Was ist da passiert?“

„Wer ist das?“

„Wo ist das?“

„Wann war das?“

„Kennst Du das?“

All diese Fragen können weiterbringen und klären. Ganz konkret!

Wie stehe ich eigentlich zu Dir?

Diese Frage tritt immer wieder auf, wie ist mein Verhältnis zu nahestehenden Menschen.

Wie stehe ich zu Dir, Mutter, Vater oder Partner?

Ich beantworte mir das gern mit einem (begleiteten) Portrait. Dabei kommt es gar nicht auf die absolute Ähnlichkeit an, wichtig ist, dass Grundzüge der Person deutlich werden. Und gerade hier sind die Fragen der Begleiterin sehr hilfreich. Ob sie nun das Alter oder die Umgebung der Person betreffen, oder der Gesichtsausdruck hinterfragt wird. Sie erkennt beim Malen die Emotionen, die beim Gestalten dieser Person auftreten und kann durch gezielte Fragen helfen, sich dieser Gefühle bewusst zu werden.

begleitetes malen
Wie stehe ich zu dir?

Beim Malen wird die Beziehung zur Person offengelegt. Aber auch ihre Eigenschaften zeigen sich, oftmals überzeichnet. Ein solches Portrait kann bewusst angegangen werden oder auch aus einer Spur entstehen.

Gerade wenn das Verhältnis zu einer nahestehenden Person schwierig ist, kann es sehr helfen, in eine Maleinheit zu gehen, mit dem Vorsatz ich male jetzt den Vater oder die Mutter oder wen auch immer. Die Schwierigkeiten am Bild zeigen mir die Schwierigkeiten mit der Person, es erfolgt eine ganz intensive Auseinandersetzung auf dem Papier. Und auf dem Papier gibt es die Möglichkeit, der Person etwas ‚zurückzugeben‘ und so zu klären, was ist dein Thema und was ist meins.

Weil ich nur mich selbst und mein Verhalten verändern kann, hilft ein Bild mir dabei die Beziehung zu klären und in gewissem Maß zu reinigen, um anschließend einen leichteren Umgang zu finden.

Ich kann mir die Last von der Seele malen und alte Konflikte im Atelier zurücklassen.