Der Trauer Raum geben

Das Gefühl der Trauer hat wahrscheinlich jeder von uns schon in irgendeiner Form erlebt. Und nicht wenige dürften auch Aussagen wie ’nun muss aber mal gut sein‘ oder ‚das Leben geht weiter‘ gehört haben. Doch jeder verarbeitet Trauer anders. Gerade in unserem Kulturkreis wird Trauer gern unterdrückt, schon nach kurzer Zeit als ‚ungehörig‘ empfunden. Noch vor einigen Jahrzehnten war auch hier das Trauerjahr ganz selbstverständlich, mittlerweile soll möglichst schnell wieder alles gut sein.

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Trauer im Bild verarbeitet

Aber Gefühle lassen sich nicht einfach abschalten. Auch wenn sie unterdrückt werden, gären sie dicht unter der Oberfläche weiter, lassen uns ein Stück Lebenslust verlieren oder äußern sich in körperlichen Symptomen.

Der Malraum, mit seiner Geborgenheit, bietet auch der Trauer Raum. Ob nun bewusste Trauerarbeit geleistet wird, oder im ganz normalen begleiteten Malen die unverarbeitete Trauer an die Oberfläche kommt, Bilder helfen dabei, dieses Gefühl anzunehmen und die Situation zu verarbeiten.

Ein paar meiner eigenen Erfahrungen damit habe ich hier und hier beschrieben.

Auch diese Bilder sind wieder so unterschiedlich wie die Malenden selbst. Doch eines ist allen gemeinsam – wenn sie aufs Papier dürfen, sind sie heilsam und hilfreich.

Mit Kindern malen und über ihre Bilder sprechen

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Mit Kindern über ihre Bilder sprechen

Kinder sollten möglichst oft die Gelegenheit erhalten, frei zu malen, ohne vorgegebene Motive oder Themen.

Ob nun im Malraum beim begleiteten Malen, in Kita, Schule oder zu Hause am Küchentisch, ein paar grundsätzliche Gesichtspunkte sollten wir im Gespräch mit den malenden Kindern berücksichtigen.

Gleich vorweg – die beliebte Frage „Was hast du denn da gemalt?“ sollte Tabu sein. Genau überlegt, signalisiert sie doch dem Kind „Ich kann nicht sehen, was das sein soll, du hast es nicht gut genug gemalt, ich kann es nicht erkennen!“. Dieses Problem ist in den Büchern von Rudolf und Marielle Seitz („Was hast du denn da gemalt?“ / „Kreative Kinder“) ausführlich besprochen.

Wenn das Kind fragt, was es malen soll, bietet es sich an mit einer Gegenfrage zu antworten „Was möchtest du denn malen?“ oder auch „Das was dir gerade einfällt!“

Sollte dann immer noch keine Idee da sein, kann beispielsweise nach der Lieblingsfarbe gefragt werden. Wenn auch dann noch keine Inspiration vorhanden ist, kann man weiter fragen, was denn diese Farbe hat, was ihm zu der Farbe einfällt.

Erzähl mir die Geschichte zu deinem Bild

Fängt ein Kind sofort an zu malen, kann man zunächst einmal beobachten. Wenn es wichtig ist zu wissen was gerade dargestellt wird, dann kann man fragen „Gibt es dazu eine Geschichte?“ oder „Erzähl mir die Geschichte dazu!“. Dabei ist aber auch unbedingt zu akzeptieren, wenn das Kind diese Geschichte nicht erzählen möchte. In dem Fall sollte weder nachgebohrt noch interpretiert werden.

Beim Malen selbst tauchen dann häufig Fragen oder auch Klagen auf, dass es irgendwas nicht malen könne. Auch hier helfen weitere Fragen dem Malenden, seine eigene Lösung zu finden.

Ein möglicher Beispieldialog wäre:

K: „Mal mir eine Katze, ich kann das nicht!“

E: „Was hat denn eine Katze alles?“

K: „Einen Kopf!“

E: „Dann fang mit dem Kopf an!“

Technische Hinweise sind nicht sinnvoll. Sowohl die Darstellung von Figuren, als auch die Perspektive sind Entwicklungsvorgänge, die vollständig durchlaufen werden müssen, damit ein Kind sie wirklich verinnerlicht. Genauso wie man Kinder mittlerweile nicht mehr auf die Füße stellt, wenn diese eigentlich krabbeln wollen und können, sollten sie auch beim Malen die Gelegenheit zur Entwicklung im eigenen Tempo erhalten.

Wie kann das Gespräch ablaufen?

Auf inhaltliche Aspekte darf durchaus eingegangen werden. Malt ein Kind beispielsweise ein Haus ohne Tür, so kann man mit einer offenen Frage darauf reagieren. „Hat das Haus keine Tür?“ Das bietet die Möglichkeit einer Erklärung, wenn sich die Tür beispielsweise auf der anderen Seite des Hauses befindet. Vielleicht wurde sie aber auch nur vergessen und kann mit diesem Hinweis noch eingefügt werden.

Sogenannte Setzungen motivieren zusätzlich:  „Das macht dir Spaß!“.
Stockt der Malprozess kann auch nachgefragt werden „Wie geht es weiter?“, „Was fehlt noch?“ oder auch „Kannst du das Bild so lassen?“.
Gerade bei kleinen Kindern kann es auch notwendig sein, zu fragen, ob das Bild jetzt fertig ist und sie ein neues Blatt möchten. Ganz wichtig ist immer, dass das Sprechen über die Bilder echtes Interesse und Anerkennung zeigt. Denn nichts ist schlimmer, als ein pflichtbewusst dahingesagtes Lob.

Atelierregeln für Erwachsene

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Auch für Erwachsene gelten im begleiteten Malen Regeln. Diese betreffen aber mehr das Malen selbst, wie wird das Bild gestaltet, was ist zu beachten.

Selbstverständlich gilt auch bei den Erwachsenen, dass die Bilder der anderen nicht bewertet werden.

Erwachsene dürfen auf Wunsch mit den Fingern malen, dadurch entsteht ein größerer Kontakt zum Bild.

Die wichtigsten Regeln:

Deckend Malen

(Dadurch werden Zufallseffekte ausgeschlossen und das größte Maß an Selbstbestimmung ist möglich)

Das ganze Papier wird mit Farbe bedeckt

(Das Papier ist nur der Bildträger, kein Bestandteil des Bildes – in der Natur gibt es auch keine Löcher.)

Gestalte von innen nach außen, ohne Konturen vorzuzeichnen

Gestalte auch die Umgebung auf deinem Bild

Und als allerwichtigstes:

Das Bild muss werden, was es werden will!

Atelierregeln für Kinder

Beim begleiteten Malen gibt es für Kinder einige Regeln, die zu beachten sind. Sie erleichtern das Miteinander und stellen sicher, dass das Material sorgsam behandelt wird.

  • Du darfst malen, was du willst und wie Du kannst!
  • Niemand bewertet die anderen Bilder!kindermalen
  • Zu jeder Farbe gehören 2 Pinsel und ein Wassernapf. Ist eine andere Farbe an den Pinsel gekommen, wird er erst im Wasser gewaschen, bevor er wieder in die Farbe darf.
  • Streiche mit dem Pinsel behutsam übers Papier, die Farbe ist in den Haaren und nicht am Stiel!
  • Wenn Du wütend bist, kann der Pinsel nichts dafür – sag es mir, wir finden eine Lösung!
  • Andere Kinder werden nicht mit Farbe bespritzt oder angemalt!
  • Es darf nicht zu laut sein!

Auch wenn die Kinder frei malen dürfen, also ohne Themenvorgabe, gelten für sie im Atelier doch einige Regeln. Kinder malen normalerweise mit dem Pinsel, im Gegensatz zu den Erwachsenen, bei denen malen mit den Händen erwünscht ist.

Jede Farbe hat eigene Pinsel, damit sich die Farben nicht miteinander zu einem schmutzigen Braun vermischen. Die Farben kommen so in voller Leuchtkraft aufs Papier. Der Pinsel wird nur im Wasser gereinigt, wenn er auf dem Bild eine andere Farbe abbekommen hat.

Die Kinder geniessen das Malen mit den Flüssigfarben und den weichen Pinseln, die trotzdem eine klar ausgeformte Spitze haben sehr. Immer wieder stellen sie begeistert fest, dass es ganz anders ist als das Wasserfarben malen in der Schule.

Am Anfang fällt es ihnen noch schwer, die Bilder der Anderen nicht zu bewerten. Doch schon nach kurzer Zeit wissen sie diese Regel zu schätzen. Sie können sich ihren eigenen Themen widmen und erfahren Wertschätzung. Ganz unabhängig vom begleiteten Malen lässt sich diese Regel überall dort einsetzen, wo Kinder frei malen können – in der Familie, einer Gruppe oder in der offenen Kinder- und Jugendarbeit.