Einfallsreichtum gefällt mir persönlich ganz gut, denn das bringt einen Aspekt von Kreativität in den Blickpunkt, der sich in alle Lebensbereiche übertragen lässt. Einfallsreich ist auch der Automechaniker, der es schafft mit wenig Material so zu improvisieren, dass das Auto wenigstens wieder fahrbereit ist. Einfallsreich ist die Köchin, die mangels Semmelbrösel eine Packung Cracker durch den Mixer jagt und die Schnitzel damit paniert. Oder meine Oma Dina, die in der ’schlechten Zeit‘ aus alter Bettwäsche (und was sonst noch aufzutreiben war) Kleider für ihre Kinder nähte. „Kreative Kreativitätsgedanken – was ist eigentlich Kreativität“ weiterlesen
Inspiration ist nicht nur im Elfenbeinturm sitzen und warten, dass die Muse küsst. Manchmal kommt sie auch aus Notwendigkeit oder dem Wunsch nach Vereinfachung.
Aus dem Vollen schöpfen
Farben, Stoffe, Materialien schreien oft förmlich danach, sich in dies oder jenes verwandeln zu wollen. Mensch muss nur hinhören. Sich darauf einlassen, Zeit nehmen. Das ist die angenehme Variante.
Aus der Notwendigkeit
Manchmal braucht man Lösungen aus der Notwendigkeit heraus. Nach fast einer Stunde Druckjobs löschen, Druckertreiber aktualisieren, Rechner neustarten, nur um festzustellen, dass das vermeintliche Druckkabel zur Kamera gehört (und das andere Ende dieses Kabels leer hinterm Rechner liegt), erscheint es nicht mehr so kleinkariert, die Stecker in irgendeiner Form zu kennzeichnen…
Aus dem Wunsch nach Vereinfachung
Es ist herrlich, über einen Wochenmarkt oder die reizvolle Obst- und Gemüseabteilung eines gutsortierten Supermarktes zu schlendern, wenn man Zeit und Muße hat, genau das liebevoll zuzubereiten, was einen dort gerade anlacht. Wer allerdings täglich in begrenzter Zeit für mehrere Personen kochen muss, ob nun Lust oder nicht, wird sich zur Vereinfachung vielleicht mit geplantem Essen anfreunden.
Werkzeug, das überall rumsegelt, nur nie da, wo es gebraucht wird, ist einfach nur nervig. Dabei braucht es gar nicht viel, um das übersichtlich unterzubringen. Und vielleicht im zweiten Schritt kleine Sets in den Stockwerken zu deponieren, um nicht wegen jeder lockeren Schraube Treppen rennen zu müssen.
… ist ja eine recht subjektive Angelegenheit und Geschmacksfrage.
Erich Kästner bemerkte dazu in seiner unnachahmlichen Art und Weise:
„Der Eine isst gern Leberwurst, der andre grüne Seife!“
„Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ – auch das passt in diese Rubrik.
In meiner Arbeit werde ich mit den unterschiedlichsten Bildern konfrontiert und immer mal wieder werde ich gefragt „Gefällt es Dir?“ oder „Findest Du es schön?“.
Diese Frage ist für mich ausgesprochen schwierig.
Zum Einen – das ist der ‚fachlich-theoretische‘ Teil, ist es ein Ziel meiner Arbeit, meine Malenden von der Notwendigkeit der Bestätigung aus dem Außen wegzuführen. Sie sollen sich selbst Anerkennung und Achtung geben können. Gerade Kinder führen mit dieser Frage die Erwachsenen gern aufs Glatteis. Kommt die fast schon automatische Bestätigung „ja, das ist schön geworden“, dann verliert das vermeintliche Lob ganz schnell seinen Wert durch den inflationären Gebrauch. Und – ganz am Rande – Kinder merken es sehr genau, wenn reflexhaft und unaufrichtig gelobt wird.
Zum Anderen bin ich als Begleiterin, so in den Bildprozess integriert, dass ästhetisches Empfinden für diese Bilder gar keine Rolle spielt, gar nicht aufkommt. Selbst wenn ich das wollte und versuche – ich kann die Bilder, die ich begleitet habe, nicht unter ästhetischen Gesichtspunkten beurteilen.
Das Bild ist für mich untrennbar mit seiner Entstehung verbunden.
Wenn ich das Bild ansehe, dann sehe ich ganz automatisch auch das Mädchen, das in stiller Konzentration ganz versunken, mit leuchtenden Wangen malt. Ich sehe den Mann, der staunend wie ein kleines Kind vor seinem Werk steht – „das habe ich geschaffen?!?“. Ich sehe die Frau, die mit ihrem Bild wahre Kämpfe ausgefochten hat, weil das Bild werden wollte, was es werden muss. Ich sehe den kleinen Jungen, der die Lava aus dem Vulkan schleudern lässt und dabei selbst die Energie eines Vulkans verbreitet.
Ich gebe die Frage normalerweise an meine Malenden zurück – „Findest Du es schön?“ „Bist Du zufrieden damit?“.
Oder ich schildere meinen Eindruck über den Malprozess. „Das hat Dir richtig Spaß gemacht.“ „Das war ganz schön harte Arbeit.“
Und hier und heute – so ganz unter uns – beantworte ich diese Frage mal:
„Ja, ich finde jedes Bild, das in meiner Begleitung entsteht, anrührend und berührend. Es ist jedes Mal wieder schön, eine ‚Bildgeburt‘ erleben zu dürfen. „
Es war einmal vor langer langer Zeit ein Schreiberling mit dem schönen Namen Hans Christian Andersen. Geboren vor über zweihundert Jahren, schrieb dieser Mann eine umfangreiche Sammlung an Märchen.
Ob zu dieser Zeit das Wort „Persönlichkeitsentwicklung“ überhaupt schon erfunden war, bezweifle ich.
Dass ein Teil seiner Märchen aber eigentlich genau davon erzählen, fiel mir dieser Tage auf.
Nehmen wir nur mal – rapp, rapp – das hässliche Entlein.
Im Nest einer Ente liegt ein größeres Ei, aus dem ein graues, „hässliches“ Küken schlüpft. Eines, das so ganz anders ist als die anderen Entenküken. Es wird – heute würde man sagen gemobbt – verspottet und gehänselt. Es läuft davon, irrt umher, erfährt weitere Ablehnung und versteckt sich. Die stolzen Schwäne sieht es von weitem und bewundert und beneidet sie. Noch einen ganzen langen Winter erfährt es Not, Spott und Elend. Im Originaltext heißt es, nachdem das hässliche Entlein im Wasser sein Spiegelbild erblickt hat:
Es schadet nichts, in einem Entenhofe geboren zu sein, wenn man nur in einem Schwanenei gelegen hat.
Es fühlte sich ordentlich erfreut über all‘ die Not und die Drangsal, welche es erduldet; nun erkannte es erst sein Glück an all‘ der Herrlichkeit, die es begrüßte.
Wer das Märchen gern im Original nachlesen möchte und sich eigene Gedanken dazu machen mag, findet es hier auf zeno.org. Oder gönnt sich gleich ein gebundenes Buch mit Hans Christian Andersens Märchen*.
Wem der Text zu lang und altertümlich ist, kann sich auch auf Youtube die Zeichentrickverfilmung anschauen:
Er ist eins meiner liebsten Materialien, dieser weiche und doch feste, gut zu bearbeitende Stein.
Fast auf jeder Fensterbank findet sich bei uns im Haus eine kleine Specksteinskulptur, außer dekorativen Zwecken erfüllen sie auch eine ganz praktische, handfeste Funktion- sie halten die Fenster beim Lüften weit offen.
Speckstein lässt sich mit Raspeln, Feilen und Schleifpapier formen. Müssen größere Stücke weggesägt werden, so kommt dafür ein alter Fuchsschwanz zum Einsatz.
Die Bearbeitung findet am besten im Freien statt, denn es entsteht dabei feinster Talkumpuder.
Speckstein ist ein eigenwilliges Material – es verlockt dazu, zu suchen, was sich in diesem rohen, unbearbeiteten Steinbrocken, der jetzt vor mir liegt, „versteckt“ hat. Er erfordert Einfühlungsvermögen, einen genauen Blick und Geduld.
Wer sich auf ihn einlässt, dem offenbart er seine volle Schönheit.